Die Diskussion um Stuttgart 21 kreist ständig um den Mittelpunkt unserer Stadt: den Bahnhof von Paul Bonatz. Trotz aller Lippenbekenntnisse, diese „Kathedrale Stuttgarts“ in ihrem Wesen zu erhalten, sind die derzeitigen Planungen nicht nur im Sinne einer ihrer Geschichte verpflichteten Stadtentwicklung eine Bedrohung für diesen städtischen Brennpunkt.
Das Städtebauprojekt und die Verlegung des Bahnhofs in Tieflage birgt eben nicht nur Chancen, sondern auch Gefahren, vorhandene Potentiale zu zerstören. Deshalb möchten wir uns mit dieser Broschüre wiederum an die Öffentlichkeit wenden.
Dr. H. P. Münzenmayer hat nach ausführlicheren Recherchen eine Dokumentation des Hauptbahnhofs erstellt, die neue Facetten und Gewichtungen aus der Sicht des Historikers aufzeigt. Die studentische Projektgruppe aus Darmstadt wiederum stellt in einem zweiten Teil neue, dynamische Stadtutopien für Stuttgart 21 vor, die vielleicht wesentlich moderner mit dem baulichen Erbe und dem Zukünftigen Nutzungsansprüchen umgehen, als die derzeitige Stadtplanung, die als Grundlage für historisierende Stadtmuster „Tabula Rasa“ voraussetzt.
„Der Stuttgarter Bahnhof ist als Ganzes eine wichtige Pionierleistung“ Der Verfasser, Gustav Adolf Platz, ahnte 1927 wohl gar nicht, wie recht er mit seinem Urteil hat. Denn er hatte, wie es meistens geschieht, unter Bahnhof nur das Empfangsgebäude verstanden. In Wirklichkeit bindet ein Bahnhof die Vielfältigsten Einzelfunktionen zu einem Ganzen, innerhalb dessen das Gebäude – sei es in seinem Repräsentationsanspruch, sei es als schützendes Gehäuse für Reisende, Personal und rollendes Gut – nur einen Aspekt ausmacht. Die bis heute geführte Diskussion, ob die Bauaufgabe Bahnhof jemals abschließend gelöst worden ist und nach klaren Kriterien analysiert werden kann, ist bereits im Ansatz falsch, solange nicht die räumlichen und funktionalen Zusammenhänge der Ausgangspunkt der Diskussion sind. Wenn sich in den Bauwerken die Funktionszusammenhänge deutlich ausdrücken, wenn also Gebautes und Funktionales in ihrem Wesen identisch sind, ist die Aufgabe grundsätzlich bewältigt. Im Stuttgarter Hauptbahnhof „als Ganzem“ liegt dank der überragenden Qualität der Architekten- und Ingenieurleistungen zum ersten Mal eine Meisterhafte Lösung vor, die nicht mehr übertroffen worden ist.